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100 Jahre eigenes Trinkwasser in Margetshöchheim

100 Jahr eigenes Trinkwasser in Margetshöchheim, dazu darf man der Gemeinde wirklich gratulieren. Man denke nur an die unseligen Monate, als die Fernwasserversorgung in den Orten rings um Margetshöchheim Probleme mit Verkeimung hatte und monatelang das Wasser gechlort werden musste und teilweise sogar das Trinkwasser abgekocht werden musste.

Margetshöchheim war damals fast ein Ort der Seligen, von dem Bürger und Bürgerinnen anderer Gemeinden sich schnell etwas ungechlortes und nicht abgekochtes Wasser holten.

Margetshöchheims Wassergeschichte also ein voller Erfolg? Sind wir ehrlich, ein großer Erfolg ja, aber auch mit Problemen.

Dies zeigten auch die Vorträge  und Aktionen zum Thema Wasser im Rahmen dieser Veranstaltung, die von Bürgermeister Brohm moderiert wurden.

So referierten Peter Etthöfer, Margetshöchheims Trinkwasser-Beauftragter, über die Geschichte der Margetshöchheimer Wasserversorgung.

Michael Bauermees, Energieversorgung Lohr-Karlstadt GmbH, stellte in seinem Vortrag „Vom Regentropfen bis zum Wasserhahn“ und beim Gang zum Pumpenhaus die technischen Veränderungen  und Probleme vor.

Ralf Warm, von arc.grün, sprach  in seinem Referat über „Freiraumplanung in wassersensiblen Bereichen“ über gesetzliche Anforderungen und Möglichkeiten, die Freiräume in einem Ort, so zu gestalten, dass der Klimawandel erträglicher zu machen.

Martina Michel vom Wasserstraßen- und Schifffahrtsamt Main ergänzte das Thema aus der Sicht des Schiffsverkehrs auf dem Main.

Hinzu kommt eine hochwertige Ausstellung zum Thema Wasser im Rathaus (Besuch zu den Öffnungszeiten der Gemeinde dringend empfohlen) oder eine kleine künstlerische Ausstellung zum Wasser in der Tagespflege

Leider konnte man als Besucher nicht alle Angebote wahrnehmen, so gab es noch weitere Aktionen am Nachmittag. Daher möchte ich hier auf einen Bilderbeitrag der 4. Klasse Grundschule verweisen, der sicherlich eine Höhepunkt der Veranstaltung darstellte. Drei Schülerinnen erläuterten ihre Plakate zum Thema Wasser und Wasserkreislauf. Darüber hinaus erklärten sie auch, wie wichtig „Wassersparen“ im Alltag ist.  Die Schülerinnen machten deutlich, dass unser sauberes Trinkwasser aus dem Hahn als etwas Wertvolles verstanden wird, das nicht gedankenlos verschwendet werden darf. Und sie zeigten auf, wie man Wasser sparen kann. Ein solches „Trinkwasserverständnis“ könnten sich viele Erwachsene zum Vorbild nehmen!

Vielen Dank an dieser Stelle ganz besonders an Frau Laudenbacher und ihrem Team vom “kulturcafé”, die die Veranstaltung begleiteten und die Besucher mit Kaffee und sehr guten Kuchen (!!!) versorgten.

Aus den Beiträgen und Referaten lassen sich einige wichtige Grundgedanken entnehmen:

  1. Unser sauberes Trinkwasser ist ein hohes Gut, das sich zu bewahren und schützen lohnt.
    So hat es keinerlei Belastungen an Chemikalien, es ist nicht gechlort , ganz im Gegensatz zum Fernwasser, dass z.B. eine Art „Transportchlorung“ braucht.
    Das größte Problem, mit dem die Gemeinde sich konfrontiert sieht, ist der Nitratanteil im Trinkwasser, er liegt knapp unter dem Grenzwert von 50 mg pro Liter und ist leider in den letzten Jahren leicht angestiegen, trotz all der Maßnahmen, die die Gemeinde zur Nitratminderung unternommen hat. Hier dürfte insbesondere der Klimawandel mit den heißen trockenen Sommern und den verminderten Niederschlägen eine wichtige Rolle spielen.
  2. Die Gemeinde hat in den letzten Jahren große Anstrengungen unternommen, das Ortsnetz auszubauen und zu sichern, so wurde der obere Hochbehälter renoviert, wurden Leitungen ergänzt, werden Pumpen ausgewechselt usw.
  3. Trotzdem: Unser Ortsnetz ist teilweise marode und muss dringend erneuert werden. Der Wasserverbrauch in der Gemeinde ist relativ konstant geblieben bei rund 120 000 m3 im Jahr. Dagegen die Wasserverluste von rund 60 000 m3 sind ein großes Problem, das die Gemeinde dringend angehen muss. Das Leitungssystem im Ort ist überholungsbedürftig und gerade Wasserrohrbrüche sind verantwortlich für die Wasserverluste. So wurde dadurch die erlaubte Fördermenge überschritten. Zugleich mehrt sich das Problem durch die Ausweisund des neuen Baugebiets Scheckert-Lausrain und die Verwandlung der Tennishalle zum Teil in ein Bording-House. Es wird den Wasserverbrauch deutlich erhöhen, wenn rund 300 Menschen zusätzlich täglich rund 120 Liter Wasser verbrauchen!
  4. Die Ausweisung eines Wasserschutzgebiets auf fast das ganze Einzugsgebiet nördlich von Margetshöchheim war ein sehr wichtiger Schritt zu Sicherung des Eigenwassers. Hier hat die Gemeinde es besser in der Hand, Nitrateinträge zu kontrollieren bzw. zu reduzieren. Gleichzeitig ist das Wasserschutzgebiet ein ganz wichtiger Erholungsbereich für die Menschen in Margetshöchheim. Dies hat man gerade im Zusammenhang mit Corona dankbar bemerkt.
  5. Sehr bedauerlich ist, dass die Staatsregierung, hier insbesondere die Bereiche zuständig für Wasser und Landwirtschaft, kaum bereit sind, kleinere Wasserversorgungen wie z.B. Margetshöchheim bei ihrem Engagement für das Eigenwasser zu unterstützen, so Bürgermeister Brohm.
    Behörden und Regierung sind durch bürokratisches Vorgehen oft keine Helfer bei der eigenen Wasserversorgung, man denke nur an das teure zweite Wassergutachten, das das Wasserwirtschaftsamt von der Gemeinde verlangt hat. Es wäre angesichts des Klimawandels Aufgabe der Regierung, gerade die kleinen dezentralen Wasserversorgungen zu schützen, statt auf Fernwasserversorgung zu setzen, die letztlich vom Lech das Wasser nach Franken bringt. Je größer und komplizierter eine System, desto anfälliger ist es auch, wie wir in den letzten Jahren gesehen haben.
  6. Wasser sichern und schützen geht aber über den Bereich des Trinkwassers hinaus. Gerade in bebauten Bereichen helfen Grünflächen und Bäume, Temperaturen im Sommer zu senken und dazu brauchen sie Wasser, genauer Regenwasser, das vor Ort gesammelt bzw. versickert wird.
    Durch den Klimawandel und die zunehmenden Tropentage und besonders Tropennächte sind ältere Menschen und Kleinkinder gesundheitlich bedroht. Nicht nur Städte bekommen Hitzeprobleme, sondern auch für Dörfer wie Margetshöchheim. Wer von Erlabten mit dem Rad im Sommer in Margetshöchheim ankommt, merkt, dass es schon am Ortsrand deutlich wärmer wird. Gerade der Beitrag von Ralf Warm wies auf Möglichkeiten hin, mehr „Grün“ auf die Plätze und Straßen zu bringen und somit die Hitze im Sommer zu mildern.

Also alles in allem ein wichtiger Tag für Margetshöchheim und das Trinkwasser?  Ja, aber doch mit einem Wermutstropfen. Die Zuhörer und Zuschauer bildeten meist nur einen kleinen Kreis, die Werbung für dieses wichtige Ereignis hätte besser sein dürfen. Nicht einmal im Gemeindeblatt wurde unter Termine auf den Margetshöchheimer Wassertag hingewiesen. Schade!

Gerhard von Hinten

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