Photovoltaik im Altort? Photovoltaik gar auf dem Kirchturm? Teil 1
Zugegeben die Frage ist reißerisch und niemand – so hoffe ich doch – hat vor, unseren schönen Kirchturm mit Photovoltaikmodulen zu „schmücken“.
Dennoch gab es Aussagen im Bauausschuss am 31. Mai 22 in Margetshöchheim, die nachdenklich stimmen und die auch sachlich geprüft werden müssen.
Im Kern der Debatte ging es um die Frage, ob im Sanierungsgebiet östlich der Hauptachse Würzburgerstraße – Erlabrunnerstraße Photovoltaikmodule möglich sein sollen. Ich werde dieses Gebiet hier verkürzt als „Altort“ bezeichnen. Bürgermeister Brohm, SPD und CSU plädierten dafür, die MM dagegen. Haben wir eine verkehrte Welt, dass die Umweltfraktion plötzlich gegen Umweltenergien ist und die anderen Fraktionn dafür, deren Parteispitzen auf Bundes- und Landesebene hier bislang eher auf den Bremshebel drückten?
Doch mal langsam. Hier geht es vor allem um zwei Fragen.
Zum einen um die Abwägung, was die Gemeinde als wichtiger ansehen soll, nämlich eine einheitliche Dachlandschaft im Altort oder das Recht der Hausbesitzer auch im Sanierungsgebiet eine Photovoltaikanlage auf das Dach zu setzen.
Zum anderen haben wir die Frage, ob mit einer solchen Photovoltaikanlage, die Ziele der Hausbesitzer sinnvoll erreicht werden können, sei es der Strom für den Haushalt, für die Wärmepumpe zum Heizen oder für das E-Auto. Oder ob mit dem gleichen Geld an anderer Stelle nicht viel wirksamer ein Beitrag zur Energiewende erbracht werden kann. Dabei steht fest, so auch die Meinung der Befürworter im Bauausschuss, dass im Altort solche Anlagen nur unter einschränkenden Bedingungen erlaubt werden können.
Kommen wir zur ersten Abwägung über die Dachlandschaft im Altort.
Wenn wir zurückschauen, hat Margetshöchheim durch die Maßnahmen der Altortsanierung ein schönes neues Gesicht bekommen, der Ort ist aus seinem Dornröschen-Schlaf aufgewacht und zeigt Qualitäten dank des hohen Engagements vieler Bürger und Bürgerinnen und durch den Einsatz aller politischen Gruppen im Gemeinderat. Man denke hier nicht nur an den Altortpreis, der besonders gelungene Renovierungen durch die Gemeinde auszeichnet, sondern auch die hohe Förderung, aktuell bis zu 50 000 Euro, um die Umgestaltung des Altorts zu unterstützen. Hinzu kommt die Beratung bei Renovierungsvorhaben, die die Gemeinde für die Hausbesitzer übernimmt.
Jeder, der im Altort ein Haus hat, gewinnt aber auch durch die Investitionen der Gemeinde im öffentlichen Raum, die Gestaltung der Straßen und Fußwege, da dies den Wert seines Hauses steigert und die Wohnqualität verbessert. Besonders augenfällig ist dies zur Zeit in der Mainstraße und die Maßnahmen der Gemeinde gehen ja weiter.
Ich habe kein Haus im Altort, trotzdem profitiere auch ich von der Erhaltung und Wiederherstellung der Häuser im Altort. Ich habe Bilder von der Mainstraße in den 70iger Jahren und im Vergleich zu früher hat sich der Ort wirklich herausgeputzt! Der Ort ist ein Teil von mir geworden, ich fühle mich hier zu Hause. Das ist weit mehr als „nur Ästhetik“! Diese Argumentationslinie, vorgetragen von einem Mitglied im Bauausschuss, bedeutet verkürzt gesagt, dass das nur etwas Schönes fürs Auge sei und damit letztlich wertlos. Folgt man dieser Argumentation, dann ist die ganze Altortsanierung nicht viel mehr als schöner Schnick-Schnack.
Ich glaube, diese Argumentation übersieht den Kernanliegen der Allortsanierung. Ich möchte dies an einem Beispiel verdeutlichen: Margetshöchheims Kirchturm ist unbeschattet, wenn dieser also nur Ästhetik für das Auge wäre, dann könnte man dort ja Photovoltaikzellen installieren. Nicht nur für die Gläubigen wäre dies eine Provokation, sondern für die meisten Margetshöchheimer wäre dies ein Schildbürgerstreich, weil dieses Wahrzeichen nicht nur mit der Geschichte des Ortes verknüpft ist, sondern auch mit unserer Alltagswahrnehmung, unserem Gefühl, hier in diesem Ort zu Hause zu sein. Der Kirchturm, ist ein Teil von uns geworden.
Man wird nun sicher einwenden, niemand will dem Kirchturm etwas antun. Die Module sollen ja nicht einsehbar sein, und die Fachbehörden achten darauf, dass da nichts passiert.
Schauen wir uns also einige Forderungen der Fachbehörden an:
So verbietet das Bayerisches Landesamt für Denkmalpflege „PV-Anlagen auf Einzeldenkmälern und ortsbildprägenden Gebäuden“, ebenso auf denkmalgeschützten Häusern.
Der Begriff „denkmalgeschützt“ ist eindeutig, was ist aber mit den Häusern, die vom Denkmalsamt übersehen wurden, weil Asbestfassade und Verputz sie entstellt haben. Viele sind zu Schmuckstücken des Ortes geworden und ohne Zweifel von der gleichen Qualität wie das denkmalgeschützte Nachbarhaus.
Mit dem Begriff „ortbildprägend“ erscheint mir der Streit vorprogrammiert, und wenn in der Dachlandschaft plötzlich ein Dach mit Photovoltaik hervorsticht, dann könnte diese Dach im negativen Sinn „ortsbildprägend“ sein.
Weiter verlangt die Regierung von Unterfranken, dass die Module „vom öffentlichen Straßenraum nicht einsichtig sein sollen“.
Diese Regel hat Bürgermeister Brohm übersetzt, was ich hier sinngemäß wiedergebe: Wenn das Haus in die Mainstraße gehört, reicht es, wenn man von dort aus nichts sieht, wenn einen aber in der Pointstraße oder anderswo die Photovoltaik blendet, dann interessiert das niemanden. Pardon, das mag juristisch so stimmen, und auch Bürgermeister Brohm ist sicher nicht glücklich damit. Anders gesagt, für die Margetshöchheimer sind sie schon sichtbar, aber eben für die Behörde nicht!
Hinzu kommen noch weitere Regelungen, die Form, Farbe, Abstand zu Dachkante betreffen. Weiter – die Gemeinde muss alle Änderungen prüfen, genehmigen und kontrollieren. Ich stelle mir das alles andere als einfach vor sowohl für den Hausbesitzer als auch für die Gemeinde.
Ich frage mich, brauchen wir dieses Stromopfer für die Energiewende? Brauchen wir es, wenn Alternativen möglich sind, wo Investitionen und Ertrag in einem besseren Verhältnis stehen?
Das ist die zweite Frage, die ich oben angesprochen habe, und damit werde ich mich im nächsten Beitrag genauer beschäftigen
Gerhard von Hinten