Photovoltaik im Altort, gar auf dem Kirchturm (2)

Photovoltaik im Altort? Photovoltaik gar auf dem Kirchturm? Teil 2

Im ersten Beitrag habe ich versucht, eine Lanze zu brechen für den immateriellen Wert des Altorts, für eine Dachlandschaft, für Straßen und Häuser, die, weil sie mir schön erscheinen, auch mein Gefühl ansprechen, so dass ich sagen kann: „Ich bin hier in Margetshöchheim daheim.“

Heute will ich den eher nüchternen Aspekt beleuchten, ob unter den gegebenen Bedingungen Aufwand und Ertrag in einem sinnvollen Verhältnis stehen, z.B. ob es Sinn macht für eine Wärmepumpe zur Heizung oder für ein E-Auto eine Photovoltaik-Anlage auf ein Altortdach zu montieren.

Zunächst muss ich einige Begriffe klarstellen, die in der Diskussion im Bauausschuss über die Photovoltaik im Altort falsch verwendet oder falsch verstanden wurden.

Zuerst der Begriff Netzstabilität: Hier wurde zunächst richtig ausgeführt, dass es schwieriger geworden ist, die Netzstabilität zu garantieren, da durch den Ausbau der erneuerbaren Energien (Windkraft, Photovoltaik etc.) und dem gleichzeitigen Abbau der problematischen Kernkraft und der großen Braukohle-Kraftwerke usw. die Schwankungen der Energieproduktion größer geworden sind. Wenn dieses Problem allerdings als Argument dafür benutzt wird, man müsse Photovoltaik-Anlagen errichten, so ist das genau falsch. Jede neue Photovoltaik-Anlage kann eine solche Netzinstabilität verstärken, wenn nicht gegengesteuert wird.

Auch die Vorstellung, dass bei einem Netzausfall man noch Strom im Haus habe, ist falsch. Auch bei teilweisem „Eigenverbrauch“ ist die Photovoltaik-Anlage ans Stromnetz angebunden und schaltet automatisch ab, wenn das Netz keinen Strom mehr liefert, um Reparaturen nicht zu gefährden.

Die Problem Netzstabilität ist ein schwieriges Thema, eine halbwegs differenzierte Beschreibung würde hier zu weit führen. Wichtig ist, dass die Netzbetreiber dieses Problem kennen und viel dafür tun, das Netz zu stabilisieren. Hinzu kommt – so die Antwort auf eine Anfrage der MM – , dass der Netzbetreiber der Gemeinde versichert hat, dass das Stromnetz in Margetshöchheim für den künftigen Wandel der Stromerzeugung sicher sei. Also wenn Gas, Kohle und Öl bei der Stromerzeugung durch Wind und Sonne ersetzt werden.

Dann der Begriff Eigenverbrauch.

„Von dem Photovoltaik Eigenverbrauch spricht man, wenn der auf dem Dach produzierte Strom direkt im selben Haushalt verbraucht wird. Dabei spart der Anlagenbetreiber den Einkauf von externem Strom. Der Überschuss wird in das öffentliche Stromnetz eingespeist und gemäß EEG vergütet.“ (Quelle: https://echtsolar.de/photovoltaik-eigenverbrauch/)

Also die Photovoltaik auf dem Dach dient zunächst dem Eigenverbrauch, der überschüssige Strom wird ins Netz eingespeist, was leider dank der alten Großen Koalition nur sehr schlecht vergütet wird. Aktuell rund 6 Cent pro Kilowatt-Stunde. Sie müssen die Kilowatt-Stunde für rund 30 Cent einkaufen. Sie sehen für wen also die große Koalition (CDU-CSU-SPD) ein offenes Herz hatte!

Schließlich das Problem, ob sich eine Photovoltaik-Anlage rentiert. Konkret gesagt, kann man mit einer Photovoltaik-Anlage das Haus mit einer Wärmepumpe heizen oder das E-Auto aufladen? Oder sollte man sein Geld besser an anderer Stelle für Photovoltaik investieren?

Ich will zunächst aus eigenen Erfahrungen die Frage beantworten: Ich habe ein Dach mit Südausrichtung. Auf dem Dach ist seit anderthalb Jahren eine neue Photovoltaik-Anlage installiert mit rund 25 m2 Fläche. (Siehe Bild: Statistik über die Erträge meiner Photovoltaikanlage)

Man sieht, dass in den Monaten November bis Februar der Stromertrag sehr gering ist, dass er also keinesfalls für eine Wärmepumpe ausreicht. Ein Großteil des Stroms wird man in den Wintermonaten beim Versorger einkaufen müssen. Hinzu kommt, dass im Altort viele Häuser aufgrund ihrer Baustruktur nicht optimal gedämmt werden können und auch eine Niedertemperatur-Heizung (z.B. Fußbodenheizung) kaum einzubauen ist. Daher werden die Verbrauchswerte deutlich über den Verbräuchen von Niedrigenergiehäusern liegen. Rechnen Sie bei einem Einfamilienhaus im Altort mit deutlich über 3000 KWh Verbrauch im Jahr für die Wärmepumpe. Wenn Sie jetzt meine Erträge anschauen, so lassen sich selbst bei einer relativ großen Modulfläche von November bis Februar nur rund 500 KWh erzeugen. Sie sehen, das reicht nicht einmal für den alltäglichen Strombedarf im Haus!

Wie sieht es mit dem Elektroauto aus? Wieder nehme ich meine Photovoltaik-Anlage als Beispiel. Setzen wir für 100 Kilometer etwas willkürlich den Bedarf von 25 KWh an (viele E-Autos brauchen deutlich mehr!). Dazu nehme ich nur die Monate Februar bis Oktober, wo ich nach Abzug des Verbrauchs im Haus (rund 200 KWh monatlich und das ohne Wärmepumpe!) im Jahr 2021 rund 1250 KWh ins Netz eingespeist habe. Selbst wenn ich diesen Stromertrag vollständig für mein E-Auto verwenden könnte, was praktisch kaum möglich ist) verliere ich auch durch die Speicherung in der Batterie rund 10 % des Stromertrags. So bleiben auch bei sehr optimistischer Schätzung kaum 1000 KWh übrig. Die würden für rund 4000 Kilometer mit e-Auto im Jahr reichen. Dies aber unter der sehr optimistischen Annahme, dass das E-Auto praktisch nur in der Nacht benutzt wird!

Für viele kleinere Photovoltaik-Flächen, die aufgrund der Auflagen sehr wahrscheinlich sind, reicht das maximal für eine paar Fahrten pro Woche nach Würzburg. Da fahren Sie aber besser mit den öffentlichen Verkehrsmitteln oder dem Pedelec.

Die MM hat deshalb vorgeschlagen, den Hausbesitzern im Altort, die ihr Geld in einer Photovoltaik-Anlage anlegen wollen, die Möglichkeit zu geben, auf Flächen der Gemeinde eine Photovoltaik-Anlage zu errichten, so dass dort das E-Auto dort mit Eigenstrom aufgeladen werden kann. Hier sähe das Verhältnis von Aufwendung und Ertrag möglicherweise besser aus.

Außerdem kann ich aus eigenen leidvollen Erfahrungen berichten, dass die Errichtung einer Photovoltaik-Anlage mit hohen bürokratischen Hürden verbunden ist.

Hat man sich mit einem Handwerksbetrieb auf die Errichtung einer Photovoltaik-Anlage geeignet, so muss man erst beim Stromversorger dies anmelden und der muss die Anlage genehmigen. Dies ist wichtig für die Netzstabilität.

Dann muss man die Anlage – auch wenn sie noch so klein ist – bei der Bundesnetzagentur anmelden, dazu braucht man unbedingt die Hilfe des Handwerksbetriebs, weil die Fachbegriffe für Laien nicht verständlich sind. Damit wird die Anlage dann für jedermann über das Internet einsehbar.

Wollen Sie für die Anlage eine staatliche Förderung, was sicher sinnvoll ist, dann müssen Sie einen Antrag bei der Regierung von Unterfranken stellen und warten, bis Sie die Freigabe erhalten. Auch hier brauchen Sie Hilfe bei den Fachbegriffen.

Zu „schlechter“ letzt kommt die Einkommensteuererklärung. Nicht nur dass Sie für den ins Netz verkauften Strom Steuern zahlen müssen, sondern auch auf den Eigenverbrauch. Vom Finanzamt gibt es hier keine Hilfe! Sie müssen mit dem Elster-Programm im Internet arbeiten, was nicht einfach ist. Letztlich werden Sie die Sache einem Steuerberater in die Hand drücken, der Ihnen wohl teurer kommt als die Erträge aus der Photovoltaik-Anlage.

Auch das sollte der Gemeinderat bedenken, wenn er über eine Änderung der Satzung entscheiden will.

Noch ein Nachtrag:

Dass solche Hürden bei der Errichtung einer Photovoltaik-Anlage zu nehmen sind, ist nicht Schuld der Gemeinde. Hier haben die 16 Jahre Merkel mit Unterstützung von CDU, CSU und SPD dafür gesorgt, dass die Konkurrenz zur Kernenergie und Braunkohle nicht zu groß wird. Mit drastischen Senkungen für die Einspeisevergütungen für Solar- und Windenergie hat man nicht nur die eigene Solarenergie-Produktion abgewürgt (auch die Arbeitsplätze!) und weitgehend nach China verlagert, sondern auch die Windenergie-Produzenten hier im Land und die weit über 100 000 Arbeitsplätze in diesem Sektor in Gefahr gebracht. Auch die Möglichkeiten der Speichertechnologie hat die Regierung Merkel lange Zeit – man muss schon sagen – torpediert und statt dessen auf die großen Netztrassen Wert gelegt.

Hinzu kommt, dass man besonders auf Gas- Kohle- und Ölimporte aus Russland gesetzt hat, um die Umweltenergien auszubremsen. Wer heute mit den bürokratischen Hürden kämpft und sich über die lächerlichen Einspeisevergütungen ärgert, der sollte die 16 verlorenen Jahre Merkel nicht vergessen.

Und wenn jemand dennoch in eine Photovoltaik-Anlage investieren will, sollte er dies dort tun, wo es der Umwelt und vielleicht sich selbst am meisten nützt, das ist aber sicher nicht das kleine „nicht einsehbare“ Dach im Altort.

Gerhard von Hinten

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